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Unterhaltsvereinbarungen bei Samenspende: rechtliche und notarielle Möglichkeiten in Deutschland

Die wachsende Vielfalt moderner Familienformen führt dazu, dass das Recht regelmäßig hinter gesellschaftlichen Entwicklungen zurückbleibt. Notarinnen und Notare befinden sich dabei „am Puls der Zeit“. Sie schaffen familienrechtliche Vertragsmodelle, bevor der Gesetzgeber entsprechende Regeln erlassen hat. Dies gilt etwa auch für die Frage, wie Unterhaltspflichten für Kinder, die mithilfe eines Samenspenders gezeugt wurden, vertraglich ausgestaltet werden können.

Viele Kinderwunschkliniken verlangen heute, sowohl bei alleinstehenden Frauen als auch bei Paaren (hetero und gleichgeschlechtlich), bestimmte notarielle Erklärungen, bevor sie eine Behandlung durchführen. Dabei geht es insbesondere um die Zustimmung aller Beteiligten zur Samenspende, die Klärung der rechtlichen Elternschaft sowie die Unterhalts- und Verantwortlichkeitsregelung zwischen den Partnern. Diese Anforderungen beruhen nicht auf gesetzlichen Vorgaben, sondern auf internen Richtlinien der Kliniken, die sicherstellen wollen, dass alle Beteiligten die rechtlichen Konsequenzen verstanden haben und spätere Streitigkeiten vermieden werden.

Für solche Fälle gibt es wie erwähnt keine spezifische gesetzliche Regelung. Notare prüfen daher, wie sie die Interessen der Beteiligten, insbesondere der Mütter und ihrer Kinder, in einem Vertrag rechtssicher abbilden können. Dieser Artikel erläutert die rechtlichen und notariellen Möglichkeiten einer Unterhaltsvereinbarung bei Samenspende in Deutschland und gibt praxisnahe Hinweise.

1. Rechtlicher Rahmen der Samenspende

1.1 Gesetzliche Regelungen ab 2018

Frau schaut auf einen Schwangerschaftstest

Seit dem Samenspenderregistergesetz (SaRegG), das am 1. Juli 2018 in Kraft trat, besteht eine klare Trennung zwischen genetischem und rechtlichem Vater. Bei einer Samenspende über eine zugelassene Samenbank wird der Samenspender nicht zum rechtlichen Vater und hat weder Unterhalts‑ noch Sorgerechtspflichten.

  • Vor Inkrafttreten des SaRegG konnten Kinder aus Samenspenden, die nicht vom Partner der Mutter stammen (sog. „heterologe Samenspenden“) den Samenspender als Vater feststellen lassen. Damit wäre er, wie jeder Vater, unterhalts- und erbberechtigt gewesen.
  • Mit dem SaRegG sind Samenspender, deren Spende über eine anerkannte Klinik erfolgt, rechtlich geschützt. Sie müssen keinen Kindesunterhalt zahlen und das Kind hat keinen Anspruch auf Unterhalt gegen den Spender.
  • Der Spender erhält ein Anonymitätsversprechen, das allerdings ab Erreichen der Volljährigkeit des Kindes aufgehoben werden kann. Das Kind darf seinen genetischen Vater erfahren, aber keine Unterhaltsansprüche geltend machen.

1.2 Privatsamenspenden

Bei einer privaten Samenspende oder einem „Bechermodell“ (Samenspende ohne Klinik) wird der Spender möglicherweise rechtlicher Vater, weil die Bestimmungen des SaRegG nicht greifen. Es gibt keine sichere gesetzliche Grundlage, die Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den Spender ausschließt. Zwar wäre ein Klageverfahren nötig, aber theoretisch kann ein Kind die Vaterschaft des Spenders feststellen lassen und Unterhaltsansprüche geltend machen. Wer diese Risiken vermeiden möchte, sollte eine Spende über eine lizensierte Samenbank wählen.

1.3 Mitverantwortung des Partners/der Partnerin

Eine Besonderheit betrifft den Partner oder die Partnerin der Mutter. Ein BGH-Urteil vom 23. September 2015 (XII ZR 99/14) erkannte, dass ein Mann, der einer Samenspende durch einen Dritten („heterologe Insemination“) zustimmt, damit eine Verpflichtung gegenüber dem entstehenden Kind übernimmt und daher später zum Kindesunterhalt verpflichtet werden kann.

Wesentliche Punkte dieses Urteils sind:

  • Die Zustimmung des Partners zur künstlichen Befruchtung muss gegenüber der Mutter erklärt werden. Ein formaler Vertrag ist nicht erforderlich, wird aber von vielen Kinderwunschkliniken vor der Behandlung vorausgesetzt.
  • Zwischen den Partnern entsteht ein Vertrag, der dem Kind Unterhalt „wie durch einen gesetzlichen Vater“ zusichert. Dieser Anspruch kann durch spätere Vereinbarungen nicht mehr ausgeschlossen werden.
  • Es handelt sich in diesem Fall um keine Leibrente, sondern um eine Unterhaltspflicht im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).

Für unverheiratete Paare ist zudem wichtig, dass die rechtliche Vaterschaft nicht automatisch durch die Samenspende entsteht, sondern durch eine Vaterschaftsanerkennung beim Standesamt, Jugendamt oder vor einem Notar. Erst dann hat der Mann im Rechtssinn Unterhalts- und Sorgerechtspflichten.

2. Notarielle Unterhaltsvereinbarungen im Kontext der Kinderwunschbehandlung

2.1 Was Kinderwunschkliniken tatsächlich erwarten

Immer mehr Kinderwunschkliniken verlangen notarielle Verträge oder Erklärungen, bevor eine Behandlung beginnt – dies betrifft sowohl alleinstehende Frauen als auch Paare. Typische Anforderungen sind:

  • notarielle Zustimmungserklärungen des Partners oder der Partnerin zur künstlichen Befruchtung,
  • Regelungen zur rechtlichen Elternschaft (insbesondere bei nicht verheirateten oder gleichgeschlechtlichen Paaren),
  • Unterhalts- und Verantwortlichkeitsregelungen innerhalb der Beziehung,
  • notarielle Absicherung privater Samenspenden zur Vermeidung späterer Vaterschafts- und Unterhaltsstreitigkeiten.

Diese Erklärungen dienen den Kliniken dazu, rechtliche Risiken auszuschließen und sicherzustellen, dass alle Beteiligten die Tragweite der Entscheidung verstanden haben.

2.2 Inhalt typischer notarieller Gestaltungen

In der Praxis umfassen notarielle Vereinbarungen häufig:

  • wechselseitige Zustimmung zur künstlichen Befruchtung,
  • Festlegung der zukünftigen rechtlichen Elternschaft,
  • Bestätigung der Unterhaltsverantwortung des Partners/der Partnerin,
  • Abgrenzung der Rolle des Spenders (besonders bei Privatsamenspenden),
  • ggf. Vorab-Einwilligungen bei geplanten Adoptionen (z. B. bei lesbischen Paaren).

Diese vertraglichen Regelungen schaffen für Klinik, Kind und Beteiligte eine klare und rechtssichere Grundlage.

Schwangere Frau, die Kind durch Samenspende empfangen hat

3. Unterhaltsvereinbarungen bei Paaren

3.1 Partnerschaftliche Vereinbarungen

Bei verheirateten Paaren gilt, dass der Ehemann automatisch rechtlicher Vater wird, wenn die Ehefrau einen Spendersamen empfängt. Die Abstammungsregel des § 1592 Nr. 1 BGB bestimmt, dass der Ehemann bei Geburt eines Kindes während der Ehe als Vater gilt. Dadurch bestehen automatisch Unterhalts- und Sorgerechtspflichten.

Viele Kliniken verlangen bei unverheirateten Paaren eine notarielle Bestätigung, dass der Partner oder die Partnerin die finanzielle Verantwortung übernimmt und der künstlichen Befruchtung zustimmt. Dies dient dazu, spätere Unterhaltsstreitigkeiten zu vermeiden und die Elternschaft eindeutig zu dokumentieren.

3.2 Gleichgeschlechtliche Paare

Bei lesbischen Paaren kann die nicht gebärende Partnerin als Mit-Mutter anerkannt werden. Seit 2023 sind mit dem Gesetz zur Reform des Abstammungsrechts Schritte geplant, mit denen die nichtgebärende Frau bei der Geburt automatisch zweite Mutter wird. Bis dahin ist ein Stiefkindadoptionsverfahren erforderlich. Dieses schafft für den Spender Rechtssicherheit und stellt sicher, dass die Partnerin, die das Kind nicht austrägt, dem Kind Unterhalt schuldet.

Empfehlung


Als Notarin empfehle ich, die Einwilligung zur Adoption schon vorab notariell zu erklären, damit der Spender später nicht zur Unterschrift gezwungen werden muss und das Verfahren beschleunigt wird.

4. Grenzen von Unterhaltsvereinbarungen

4.1 Unabdingbarkeit von Kindesunterhalt

Nach § 1614 Abs. 1 BGB können Ansprüche des Kindes auf Unterhalt nicht im Voraus ausgeschlossen werden. Sämtliche Vereinbarungen, die einen Verzicht des Kindes auf Unterhalt festlegen, sind unwirksam. Dies gilt auch für private Samenspender und Garantiepersonen.

4.2 Vorteile der notariellen Gestaltung gegenüber Privatvereinbarungen

Notarielle Verträge schaffen eine klare Dokumentation der Verantwortlichkeiten und erfüllen häufig die formalen Anforderungen der Kliniken, die Privatvereinbarungen regelmäßig nicht akzeptieren.

Privat abgeschlossene Vereinbarungen stoßen in der Praxis häufig an Grenzen, wenn sie unklar formuliert sind oder wesentliche Voraussetzungen offenlassen. Dann kann es passieren, dass sie einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten.

Eine notarielle Beurkundung bietet hier einen entscheidenden Mehrwert. Sie stellt sicher, dass die Verpflichtung rechtlich sauber gefasst, die Tragweite vollständig verstanden und der Inhalt eindeutig dokumentiert wird. Der Notar oder die Notarin klärt die Beteiligten über mögliche Risiken auf, prüft die Wirksamkeit der Vereinbarung und sorgt für eine rechtssichere Ausgestaltung. Dadurch steigt nicht nur die Chance, dass die Vereinbarung im Ernstfall Bestand hat, sondern sie schafft auch Klarheit und Verlässlichkeit für alle Beteiligten.

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4.3 Steuer- und Sozialversicherungsaspekte

Ob ein Garantiegeber die Unterhaltszahlungen steuerlich absetzen kann, hängt von der konkreten Ausgestaltung ab. Da das Steuerrecht Unterhaltsleistungen nur unter bestimmten Bedingungen als außergewöhnliche Belastungen anerkennt, sollten Betroffene einen Steuerberater hinzuziehen. Ebenso sind Auswirkungen auf Sozialleistungen (z. B. Wohngeld, Kinderzuschlag) zu beachten, wenn eine dritte Person Unterhalt zahlt.

5. Praktische Tipps für Betroffene

  1. Bedingungen der Samenbank/Kinderwunschklinik genau prüfen, da viele heute notarielle Zustimmungserklärungen oder Unterhaltsvereinbarungen voraussetzen.
  2. Notarielle Beurkundung nutzen: Sie schafft Rechtssicherheit. Gleichzeitig wird die Ernsthaftigkeit der Erklärung dokumentiert.
  3. Bei privaten Samenspenden immer eine notarielle Freistellungsvereinbarung in Betracht ziehen, um Spender und Eltern abzusichern.
  4. Informiert bleiben: Das Familien- und Abstammungsrecht befindet sich im Wandel. Unter Umständen wird die rechtliche Lage der Mit-Mutter bald verbessert, was die Notwendigkeit von privaten Vereinbarungen verringern könnte.

Fazit

Notarielle Vereinbarungen haben im Bereich der Samenspende stark an Bedeutung gewonnen, weil sie den Anforderungen vieler Kinderwunschkliniken entsprechen und klare rechtliche Verhältnisse schaffen. Während ältere Modelle auf „Garantiepersonen“ abstellten, geht es heute überwiegend um die notarielle Klärung von Zustimmung, Elternschaft und Unterhaltsverantwortung.

Wenn Sie eine Samenspende planen oder eine entsprechende Vereinbarung entwickeln bzw. überprüfen lassen möchten, beraten wir Sie gern persönlich.

Kontaktieren Sie uns für eine individuelle, rechtlich fundierte Beratung. Wir stehen Ihnen in unserem Notariat zu allen Fragen rund um Samenspenden sowie weitere familienrechtlichen Fragestellungen gerne zur Verfügung.

Häufig gestellte Fragen zur rechtlichen und notariellen Situation bei der Samenspende in Deutschland

Muss ein Samenspender in Deutschland Kindesunterhalt zahlen?

Sofern die Spende nach dem SaRegG über eine lizensierte Samenbank erfolgt, ist der Spender rechtlich nicht Vater und hat keine Unterhaltspflicht. Bei privaten Samenspenden besteht jedoch das Risiko, dass der Spender als rechtlicher Vater festgestellt wird und unterhaltspflichtig wird.

Können Eltern den privaten Samenspender von Unterhaltsansprüchen freistellen?

Sie können vereinbaren, dass sie den Spender von Unterhaltsforderungen freistellen. Allerdings kann das Kind später trotzdem Ansprüche gegen den Spender geltend machen, da ein Unterhaltsverzicht im Voraus unwirksam ist.

Wird der Partner automatisch Vater, wenn er einer Samenspende zustimmt?

  • Bei verheirateten Paaren: Ja. Der Ehemann gilt nach § 1592 BGB automatisch als Vater.
  • Bei unverheirateten Paaren: Nein. Die Vaterschaft muss anerkannt werden.
  • Unabhängig davon begründet die Zustimmung zur Samenspende eine Unterhaltsverpflichtung des Partners.

Welche Vorteile bietet die notarielle Beurkundung einer Unterhalts- oder Zustimmungsvereinbarung?

Eine notarielle Beurkundung
  • schafft klare, beweissichere Regelungen zur Elternverantwortung,
  • erfüllt die formalen Anforderungen vieler Kinderwunschkliniken,
  • stellt sicher, dass alle Beteiligten die rechtlichen Konsequenzen kennen,
  • schafft Schutz für Eltern, Kind und (bei Privatspenden) den Spender,
  • beschleunigt spätere Verfahren (z. B. Adoption bei lesbischen Paaren).

Verlangen Kinderwunschkliniken immer notarielle Verträge?

Nein, es gibt keine gesetzliche Pflicht. Viele Kliniken fordern jedoch notarielle Erklärungen, insbesondere bei
  • unverheirateten Paaren,
  • gleichgeschlechtlichen Paaren,
  • privaten Samenspenden,
  • geplanter späterer Adoption.
  • Die Anforderungen unterscheiden sich je nach Klinik.

Braucht man bei einer Samenspende im Ausland auch notarielle Erklärungen?

Ja, häufig sogar noch eher, da deutsche Kliniken und Behörden bei Auslandsbehandlungen
  • eine genaue Klärung der Elternschaft,
  • Zustimmungserklärungen
  • und Absicherungen gegenüber dem Kind sehen wollen.
  • Auch für die Anerkennung in Deutschland ist eine notarielle Dokumentation sinnvoll.

Kann die nicht gebärende Partnerin in einer lesbischen Beziehung automatisch „Mit-Mutter“ werden?

Nach aktueller Rechtslage: Nein.
Eine automatische Mit-Mutterschaft ist noch nicht in Kraft.
Derzeit bleibt die Stiefkindadoption erforderlich, für die Kliniken oft notarielle Vorabeinwilligungen verlangen.

Was passiert, wenn ein privater Spender später doch als Vater eingetragen werden soll oder muss?

Wird der private Spender rechtlicher Vater, kann das Kind
  • Unterhalt,
  • Erbansprüche,
  • und ggf. Versorgungslasten geltend machen.
  • Die Eltern können ihn zwar über Verträge intern freistellen, aber dies wirkt nicht gegenüber dem Kind.

Sind notarielle Unterhaltsvereinbarungen für minderjährige Kinder wirksam?

Ja, soweit sie keinen Unterhaltsverzicht enthalten.
Unterhaltsregelungen müssen die Vorgaben des BGB einhalten und zum Wohl des Kindes sein.

Braucht man für die Samenspende immer einen Notar?

Gesetzlich nein.
Praktisch ja, wenn die Kinderwunschklinik dies verlangt oder zu rechtlichen Absicherung
Darja Hannekum - Rechtsanwältin Fachanwältin für IT-Recht
Beitrag von
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LL.M. (University of Miami)
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