Wer eine Immobilie zu Lebzeiten verschenkt – etwa an ein Kind oder einen Ehegatten – möchte häufig nicht vollständig auf die Nutzung oder den finanziellen Vorteil aus dem Objekt verzichten. Hier kommen zwei klassische Sicherungsinstrumente ins Spiel: Nießbrauch und Wohnrecht.
Beide Rechte können im notariellen Schenkungsvertrag vorbehalten und grundbuchlich gesichert werden. Doch was genau unterscheidet sie? Welche Vor- und Nachteile gibt es? Und wie wirken sie sich auf Steuern und Pflichtteilsansprüche aus? Dieser Beitrag liefert Antworten auf diese Fragen.
Der Nießbrauch ist das umfassendere Recht. Er wird in §§ 1030 ff. BGB geregelt und erlaubt einer Person, eine fremde Sache – meist ein Grundstück, eine Immobilie oder auch Vermögenswerte wie Wertpapiere – zu nutzen und alle Vorteile aus dieser Nutzung zu ziehen. Im Falle einer Immobilie bedeutet das, das man sie
kann. Der Eigentümer ist durch den Nießbrauch wirtschaftlich weitgehend von der Nutzung ausgeschlossen. Der Nießbrauch kann lebenslang oder befristet bestellt und nicht vererblich oder übertragbar sein (außer durch ausdrücklich vereinbarte Übertragbarkeit).
Beispiel Nießbrauch
Ein Vater überträgt seinem Sohn das Eigentum an einem Mehrfamilienhaus, behält sich aber den Nießbrauch vor.
Das Wohnrecht (§ 1090 BGB) ist enger gefasst:
Die berechtigte Person darf die Immobilie nur selbst bewohnen, eine Vermietung ist nicht erlaubt, es sei denn, dies wurde ausdrücklich vereinbart. Es handelt sich also um ein rein persönliches Nutzungsrecht, das üblicherweise auf Lebenszeit bestellt wird.
Beispiel Wohnrecht
Ein Vater überträgt seinem Sohn das Eigentum an einem Einfamilienhaus. Der Vater lässt sich im Grundbuch ein lebenslanges Wohnrecht eintragen.
Die Wahl zwischen Wohnrecht und Nießbrauch hängt stark davon ab, welche Ziele mit der Immobilienübertragung verbunden sind. Beide Rechte dienen der Absicherung, unterscheiden sich aber im Umfang der Nutzung und den steuerlichen Folgen. Die folgende Übersicht zeigt, welches Recht in welcher Situation sinnvoll ist.
| Ziel | Geeignetes Recht |
| Ich möchte selbst weiter dort wohnen | Wohnrecht oder Nießbrauch |
| Ich möchte Einnahmen durch Vermietung behalten | Nießbrauch |
| Ich möchte flexibel bleiben (z. B. bei Pflegeheimaufnahme) | Nießbrauch (mit Vermietung möglich) |
| Ich möchte mich nur gegen Obdachlosigkeit absichern | Wohnrecht |
| Ich möchte steuerliche Nachteile vermeiden | Wohnrecht (geringerer Wert als Nießbrauch) |

Sowohl Nießbrauch als auch Wohnrecht müssen notariell beurkundet und im Grundbuch eingetragen werden. In einem Schenkungsvertrag mit Vorbehalten wird z. B. folgendes geregelt:
Durch die Kombination von Nießbrauch oder Wohnrecht mit einem Rückforderungsrecht kann der Schenker die eigene Position deutlich stärken. Ein solches Rückforderungsrecht wird notariell im Schenkungsvertrag vereinbart und ermöglicht es, die Immobilie unter bestimmten Bedingungen wieder zurückzufordern. So kann sich der Schenker gegen finanzielle Not, Vorversterben oder grobem Undank des Beschenkten absichern- Damit bleibt der Schenker auch nach der Übertragung rechtlich abgesichert und behält ein Stück Kontrolle über das verschenkte Eigentum.
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Nießbrauch und Wohnrecht wirken sich auf die steuerliche Bewertung der Schenkung aus, weil der Wert des vorbehaltenen Rechts vom Verkehrswert der Immobilie abgezogen wird:
Das reduziert die steuerpflichtige Bereicherung und kann helfen, unter dem Schenkungssteuerfreibetrag zu bleiben (z. B. 400.000 € bei Kindern).
Ein häufig übersehener Punkt ist, dass bei der Schenkung einer Immobilie mit vorbehaltenem Nießbrauch oder Wohnrecht die zehnjährige Abschmelzungsfrist im Pflichtteilsrecht (§ 2325 BGB) nicht zu laufen beginnt.
Entscheidend ist, wann der Beschenkte die Immobilie wirtschaftlich vollständig erhält. Solange der Schenker ein Nutzungsrecht behält, gilt die Immobilie nicht als endgültig übertragen. Verstirbt der Schenker innerhalb von zehn Jahren, wird der Wert der Immobilie deshalb weiterhin bei der Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt. Eine volle Anrechnung erfolgt, wenn der Schenker die Immobilie durch Nießbrauch oder umfassendes Wohnrecht wirtschaftlich weiter nutzt, während eine teilweise Anrechnung nur dann in Betracht kommt, wenn das vorbehaltene Nutzungsrecht räumlich oder inhaltlich eingeschränkt ist.
Nießbrauch und Wohnrecht sind sinnvolle Mittel, um sich bei einer Immobilienschenkung rechtlich und wirtschaftlich abzusichern. Welches Instrument passt, hängt vom Einzelfall ab – von den familiären Verhältnissen, dem Wohnbedarf, der Vermögensstruktur und steuerlichen Aspekten.
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Der Beschenkte ist Eigentümer. Der Schenker behält jedoch das wirtschaftliche Nutzungsrecht, etwa zur Selbstnutzung oder Vermietung. Die Nutzungsmöglichkeiten des Eigentümers sind stark eingeschränkt.
Ja. Dies ist ein verbreiteter Weg, Vermögen frühzeitig zu übertragen und gleichzeitig Mieteinnahmen oder Wohnrechte zu behalten. Nießbrauch und Übertragung müssen notariell vereinbart und im Grundbuch gesichert werden.
Der Berechtigte darf die Immobilie selbst bewohnen. Eine Vermietung ist nur möglich, wenn sie vertraglich erlaubt wurde. Üblicherweise trägt der Wohnrechtsinhaber die laufenden Kosten, während größere Instandhaltungen beim Eigentümer liegen.
Der Wert ergibt sich aus der ortsüblichen Miete, der statistischen Lebenserwartung der berechtigten Person und dem gesetzlichen Vervielfältiger. Der ermittelte Kapitalwert reduziert die steuerpflichtige Schenkung.
Die Erben werden Eigentümer, müssen das Wohnrecht jedoch vollständig respektieren. Die Immobilie kann ohne Zustimmung des Wohnrechtsinhabers weder frei genutzt noch verkauft werden.
Der Kapitalwert des Wohnrechts mindert den steuerpflichtigen Erwerb. Die konkrete Steuer hängt vom verbleibenden Wert, der Steuerklasse und den Freibeträgen ab.
Wesentlich sind ein klarer Vertrag, die notarielle Beurkundung, die Grundbuchsicherung sowie Regelungen zu Kosten, Instandhaltung und Rückforderungsrechten. Der Eigentümer bleibt in seiner Verfügungsbefugnis eingeschränkt.
Solange der Schenker wesentliche Nutzungsrechte behält, läuft die Frist nicht an. Erst mit Aufgabe des Nießbrauchs beginnt die Abschmelzung der Pflichtteilsergänzung.
Der Eigentümer kann die Immobilie nur eingeschränkt verkaufen oder belasten, hat aber weiterhin Pflichten wie umfangreichere Instandhaltungen. Die wirtschaftliche Nutzung liegt beim Nießbraucher.
Es endet nur bei vertraglicher Befristung, bei vereinbartem Widerrufsgrund oder durch freiwilligen Verzicht. Ohne Grundbucheintrag ist es nicht gegenüber Dritten geschützt.

