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Nießbrauch oder Wohnrecht? So sichern Sie sich bei einer Immobilienschenkung ab

Wer eine Immobilie zu Lebzeiten verschenkt – etwa an ein Kind oder einen Ehegatten – möchte häufig nicht vollständig auf die Nutzung oder den finanziellen Vorteil aus dem Objekt verzichten. Hier kommen zwei klassische Sicherungsinstrumente ins Spiel: Nießbrauch und Wohnrecht.

Beide Rechte können im notariellen Schenkungsvertrag vorbehalten und grundbuchlich gesichert werden. Doch was genau unterscheidet sie? Welche Vor- und Nachteile gibt es? Und wie wirken sie sich auf Steuern und Pflichtteilsansprüche aus? Dieser Beitrag liefert Antworten auf diese Fragen.

Was ist der Unterschied zwischen Nießbrauch und Wohnrecht?

1. Nießbrauch

Der Nießbrauch ist das umfassendere Recht. Er wird in §§ 1030 ff. BGB geregelt und erlaubt einer Person, eine fremde Sache – meist ein Grundstück, eine Immobilie oder auch Vermögenswerte wie Wertpapiere – zu nutzen und alle Vorteile aus dieser Nutzung zu ziehen. Im Falle einer Immobilie bedeutet das, das man sie

  • selbst bewohnen oder
  • vermieten und Mieteinnahmen behalten

kann. Der Eigentümer ist durch den Nießbrauch wirtschaftlich weitgehend von der Nutzung ausgeschlossen. Der Nießbrauch kann lebenslang oder befristet bestellt und nicht vererblich oder übertragbar sein (außer durch ausdrücklich vereinbarte Übertragbarkeit).

Beispiel Nießbrauch


Ein Vater überträgt seinem Sohn das Eigentum an einem Mehrfamilienhaus, behält sich aber den Nießbrauch vor.

  • Der Vater darf weiterhin dort wohnen oder Mieteinnahmen einbehalten.
  • Der Sohn ist somit zwar Eigentümer, darf aber bis zum Tod des Vaters nichts mit dem Haus anfangen, was dessen Nutzungsrecht beeinträchtigt.

2. Wohnrecht

Das Wohnrecht (§ 1090 BGB) ist enger gefasst:

Die berechtigte Person darf die Immobilie nur selbst bewohnen, eine Vermietung ist nicht erlaubt, es sei denn, dies wurde ausdrücklich vereinbart. Es handelt sich also um ein rein persönliches Nutzungsrecht, das üblicherweise auf Lebenszeit bestellt wird.

Beispiel Wohnrecht


Ein Vater überträgt seinem Sohn das Eigentum an einem Einfamilienhaus. Der Vater lässt sich im Grundbuch ein lebenslanges Wohnrecht eintragen.

  • Er darf aber nicht vermieten oder das Wohnrecht Dritten überlassen.
  • Der Vater darf weiterhin in dem Haus wohnen, auch wenn es dem Sohn gehört.
  • Er darf die Räume nutzen, die im Wohnrecht vereinbart sind (z. B. das ganze Haus oder nur eine Wohnung darin).

Wann ist welches Recht sinnvoll?

Die Wahl zwischen Wohnrecht und Nießbrauch hängt stark davon ab, welche Ziele mit der Immobilienübertragung verbunden sind. Beide Rechte dienen der Absicherung, unterscheiden sich aber im Umfang der Nutzung und den steuerlichen Folgen. Die folgende Übersicht zeigt, welches Recht in welcher Situation sinnvoll ist.

ZielGeeignetes Recht
Ich möchte selbst weiter dort wohnenWohnrecht oder Nießbrauch
Ich möchte Einnahmen durch Vermietung behaltenNießbrauch
Ich möchte flexibel bleiben (z. B. bei Pflegeheimaufnahme)Nießbrauch (mit Vermietung möglich)
Ich möchte mich nur gegen Obdachlosigkeit absichernWohnrecht
Ich möchte steuerliche Nachteile vermeidenWohnrecht (geringerer Wert als Nießbrauch)

Rechtliche Gestaltung beim Notar

Älterer Mann, der Wohnrecht im Haus, das er seinem Sohn geschenkt hat, hat.

Sowohl Nießbrauch als auch Wohnrecht müssen notariell beurkundet und im Grundbuch eingetragen werden. In einem Schenkungsvertrag mit Vorbehalten wird z. B. folgendes geregelt:

  • Dauer des Rechts (i. d. R. lebenslang)
  • Inhaltliche Ausgestaltung (z. B. wer trägt welche Kosten?)
  • Rang im Grundbuch (zur Absicherung vor späteren Belastungen)
  • Rückforderungsrechte (z. B. bei grobem Undank oder Vorversterben des Beschenkten).

Durch die Kombination von Nießbrauch oder Wohnrecht mit einem Rückforderungsrecht kann der Schenker die eigene Position deutlich stärken. Ein solches Rückforderungsrecht wird notariell im Schenkungsvertrag vereinbart und ermöglicht es, die Immobilie unter bestimmten Bedingungen wieder zurückzufordern. So kann sich der Schenker gegen finanzielle Not, Vorversterben oder grobem Undank des Beschenkten absichern- Damit bleibt der Schenker auch nach der Übertragung rechtlich abgesichert und behält ein Stück Kontrolle über das verschenkte Eigentum.

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Steuerliche Bewertung

Nießbrauch und Wohnrecht wirken sich auf die steuerliche Bewertung der Schenkung aus, weil der Wert des vorbehaltenen Rechts vom Verkehrswert der Immobilie abgezogen wird:

  • Der Kapitalwert des Nießbrauchs wird anhand der statistischen Lebenserwartung und des Jahreswerts (z. B. Miete) berechnet.
  • Das Wohnrecht wird i. d. R. ebenfalls kapitalisiert – oft geringer als ein Nießbrauch, da keine Einnahmen erzielt werden können.

Das reduziert die steuerpflichtige Bereicherung und kann helfen, unter dem Schenkungssteuerfreibetrag zu bleiben (z. B. 400.000 € bei Kindern).

Pflichtteilsrecht und 10-Jahresfrist

Ein häufig übersehener Punkt ist, dass bei der Schenkung einer Immobilie mit vorbehaltenem Nießbrauch oder Wohnrecht die zehnjährige Abschmelzungsfrist im Pflichtteilsrecht (§ 2325 BGB) nicht zu laufen beginnt.

Entscheidend ist, wann der Beschenkte die Immobilie wirtschaftlich vollständig erhält. Solange der Schenker ein Nutzungsrecht behält, gilt die Immobilie nicht als endgültig übertragen. Verstirbt der Schenker innerhalb von zehn Jahren, wird der Wert der Immobilie deshalb weiterhin bei der Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt. Eine volle Anrechnung erfolgt, wenn der Schenker die Immobilie durch Nießbrauch oder umfassendes Wohnrecht wirtschaftlich weiter nutzt, während eine teilweise Anrechnung nur dann in Betracht kommt, wenn das vorbehaltene Nutzungsrecht räumlich oder inhaltlich eingeschränkt ist.

Fazit: Absicherung ja, aber mit vorheriger Planung

Nießbrauch und Wohnrecht sind sinnvolle Mittel, um sich bei einer Immobilienschenkung rechtlich und wirtschaftlich abzusichern. Welches Instrument passt, hängt vom Einzelfall ab – von den familiären Verhältnissen, dem Wohnbedarf, der Vermögensstruktur und steuerlichen Aspekten.

Als Notarin und Rechtsanwälte für Immobilienrecht und Erbrecht beraten wir Sie zu Fragen hierzu neutral und gestalten mit Ihnen einen rechtssicheren, maßgeschneiderten Schenkungsvertrag mit der passenden Absicherung und allen notwendigen Eintragungen im Grundbuch.

Kontaktieren Sie uns, wenn wir Sie rund um Nießbrauch, Wohnrecht und die Schenkung von Immobilien beraten sollen.

Häufig gestellte Fragen zu Nießbrauch und Wohnrecht

Wem gehört das Haus bei Nießbrauch?

Der Beschenkte ist Eigentümer. Der Schenker behält jedoch das wirtschaftliche Nutzungsrecht, etwa zur Selbstnutzung oder Vermietung. Die Nutzungsmöglichkeiten des Eigentümers sind stark eingeschränkt.

Kann man eine Immobilie mit Nießbrauch an Kinder verschenken?

Ja. Dies ist ein verbreiteter Weg, Vermögen frühzeitig zu übertragen und gleichzeitig Mieteinnahmen oder Wohnrechte zu behalten. Nießbrauch und Übertragung müssen notariell vereinbart und im Grundbuch gesichert werden.

Welche Rechte und Pflichten bestehen beim lebenslangen Wohnrecht?

Der Berechtigte darf die Immobilie selbst bewohnen. Eine Vermietung ist nur möglich, wenn sie vertraglich erlaubt wurde. Üblicherweise trägt der Wohnrechtsinhaber die laufenden Kosten, während größere Instandhaltungen beim Eigentümer liegen.

Wie wird der Wert eines lebenslangen Wohnrechts berechnet?

Der Wert ergibt sich aus der ortsüblichen Miete, der statistischen Lebenserwartung der berechtigten Person und dem gesetzlichen Vervielfältiger. Der ermittelte Kapitalwert reduziert die steuerpflichtige Schenkung.

Was bedeutet ein Wohnrecht auf Lebenszeit für die Erben?

Die Erben werden Eigentümer, müssen das Wohnrecht jedoch vollständig respektieren. Die Immobilie kann ohne Zustimmung des Wohnrechtsinhabers weder frei genutzt noch verkauft werden.

Wie wirkt sich ein Wohnrecht auf die Schenkungsteuer aus?

Der Kapitalwert des Wohnrechts mindert den steuerpflichtigen Erwerb. Die konkrete Steuer hängt vom verbleibenden Wert, der Steuerklasse und den Freibeträgen ab.

Was ist bei einer Schenkung mit Nießbrauch zu beachten?

Wesentlich sind ein klarer Vertrag, die notarielle Beurkundung, die Grundbuchsicherung sowie Regelungen zu Kosten, Instandhaltung und Rückforderungsrechten. Der Eigentümer bleibt in seiner Verfügungsbefugnis eingeschränkt.

Gilt die 10-Jahresfrist im Pflichtteilsrecht bei Nießbrauch?

Solange der Schenker wesentliche Nutzungsrechte behält, läuft die Frist nicht an. Erst mit Aufgabe des Nießbrauchs beginnt die Abschmelzung der Pflichtteilsergänzung.

Welche Nachteile hat Nießbrauch für den Eigentümer?

Der Eigentümer kann die Immobilie nur eingeschränkt verkaufen oder belasten, hat aber weiterhin Pflichten wie umfangreichere Instandhaltungen. Die wirtschaftliche Nutzung liegt beim Nießbraucher.

Kann ein Wohnrecht auf Lebenszeit entfallen?

Es endet nur bei vertraglicher Befristung, bei vereinbartem Widerrufsgrund oder durch freiwilligen Verzicht. Ohne Grundbucheintrag ist es nicht gegenüber Dritten geschützt.

Darja Hannekum - Rechtsanwältin Fachanwältin für IT-Recht
Beitrag von
Rechtsanwältin & Notarin
Darja Hannekum,
LL.M. (University of Miami)
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